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...alles ihm Natur, die Natur ist Natur, die Natur Kunst. Er ist Natur und arbeitet in und mit ihr. Seine Materialien sind natürlich Natur, seine Mittel wirken natürlich. Sie sind es natürlich nicht, sie sind künstlich. Sie sind Provokationen von Natur, sie ergeben sich aus dem Bild. Seine Bilder sind wie die Natur gebaut. Aber sie sind sie selbst. Es gibt, wie in der Natur, den Bau der Bilder, er ergibt sich aus naturhaften wie sozialen Zuständen unserer wie der natürlichen Natur. Das ist seine Kunst. Er erschafft eine zweite Natur, sie wird Bild: Als Farbe, als Form, als Bewegung, als Dynamik, als Körper, als dynamischer Körper, als wandernder Körper, als wandernde Welt, als strahlender Farbkörper. Er schafft sich seinen Umraum, sein Raum ist der Naturraum und der Bildraum des Betrachters. Er sieht lebende Natur und lebendige Körperlichkeit des flächigen wie plastischen Bildes ein körperhaftes Relief, das wie ein Naturphänomen aussieht und als gesellschaftliche Struktur erscheint. So tritt es ans Licht und saugt es an und aus. Es pulsiert. Es sind immer Assoziationen zwischen der Natur des Menschen und der Natur der Natur und der Gestaltung der Natur durch den Menschen. Als Künstler schafft Thomas Linder eine künstliche Welt, sie ist wie die Natur und sie steht natürlich zwischen uns...
Gerd Reising, Kunsthistoriker, Karlsruhe


Thomas Linder im Interview mit der SZ:
SZ: Was an Ihren Werken auf den ersten Blick fasziniert, ist der auffallend dicke Farbauftrag. Woraus setzt er sich zusammen? TL: Ich benütze Acrylbinder, Pigmente und Leinöl. Die Mischung daraus stelle ich selbst her. Die käuflichen Ölfarben sind mir in ihrer Substanz zu speckig, da ich eher die matten Oberflächen bevorzuge. Als Bildträger kommen die unterschiedlichsten Materialien in Frage von Papier, Leinwand, Holz bis zu Ziegelsteinen. Sofern die Bilder einen Rahmen erhalten, wird auch dieser in die Malaktion einbezogen. S Z: Alle Ihre Arbeiten sind ohne Titel. Welchen Grund hat das? TL: Das Bild soll offen sein für den Betrachter. Er soll versuchen, wenn er die Bilder anschaut, mit ihnen unvoreingenommen zu kommunizieren. SZ: Gibt es dennoch ein Thema, dem Sie in ihrem Werk folgen? TL: Die Idee von Landschaft ist in meiner Arbeit generell wichtig. Doch ich male keine Landschaften ab. Meine Bilder sind sie selbst. Aber ich orientiere mich an Strukturen, die eine Vorstellung von Landschaft vermitteln. Für mich gehört alles, was lebt in die Landschaft. Nicht nur Pflanzen, auch beispielsweise Felsformationen, Sand, Erde oder die aus einer anderen Werkphase stammenden "Kühe" SZ: Was auf den zweiten Blick fast noch mehr anzieht als die aufgeschichtete Farbe ist die Vielgestaltigkeit der Strukturen. Wie komme so etwas zu Stande? TL: Wenn eine ölige und eine wässrige Farbe aufeinandertreffen, trocknet die wasserhaltige schneller, so daß sie aufplatzt, wenn sie auf eine ölige Schicht aufgetragen wurde. Es bilden sich Risse, Krusten und Hohlräume, die an urzeitliche Erdober- flächen und schieferartige Ablagerungen erinnern können. Zeit ist dabei ein wichtiger Faktor. Ich male kontinuierlich, aber langsam. Das Bild wächst gleichsam, wenn die Farbe ohne mein Zutun von Buckeln herunter in Vertiefungen läuft und sich je nach Konsistenz dort sammelt. Das kann ich als Maler nur bedingt steuern und ich lasse mich immer von dem leiten, was auf dem Bild schon vorhanden ist. Eine Idee über dessen Aussehen habe ich vorher nicht. SZ: Deshalb sind Sie aber kein gestischer oder expressiver Maler! Was macht den Unterschied aus? TL: Ich bezeichne mich eher als streng. Farbe ist so stark, daß man sie in eine Form bringen muß. SZ: Neben der Malerei auf Leinwand gibt es auch "Papierarbeiten". Gibt es einen Zusammenhang zwischen diesen Bereichen? TL: Ich gebe mir nicht die Mühe, jedes Bild zum Relief zu machen und benutze auch viel lasierende Farbe. Für ein pastoses Bild wäre Papier auch der falsche Grund. Ein Bild ist fertig, wenn es gut ist, nicht wenn es möglichst viel Farbe hat. SZ: Was reizt Sie an Ihrer Malerei? TL: Mich reizt es, immer wieder etwas Neues auszuprobieren. In die Schublade "Der Linder malt eben so" möchte ich mich nicht stecken lassen, denn das Künstlersein ist für mich eine Haltung zum Leben. Ich bin Maler, aber ich kann als Künstler auch viele andere Dinge tun. An anderer Stelle würden Sie mich vielleicht als den Musiker Thomas Linder antreffen und ebenso überrascht sein... Das Interview führte Babette Cäsar